Benedikt Doll war
schon auf der Loipe, bevor er überhaupt laufen konnte. Die Sportfamilie Doll
war damals mein direkter Nachbar in Titisee. Vater Karl-Heinz, besser bekannt als
„Charly“ Doll hatte seinen Sohn Benni und Tochter Steffi beim Skilanglauf im
norwegischen Liegeschlitten „Fjellpulken“ mittels Gestänge am Hüftgurt im
Schlepptau. Selbst wenn Charly Doll später als Weltklasse Berg- und Ultraläufer
Karriere machte, so begann der Swiss Alpine, Comrades Marathon und
Rennsteiglaufsieger zunächst mit Skilanglauf. Wenig bekannt, Charly stellte
1986 sogar einen Weltrekord mit 218,6 Kilometern im 12 Stunden Skilanglauf im damals
neu aufgekommenen Skatingstil auf. Selbst Mutter Friederike Doll kann eine
Marathonbestzeit von starken 3:04 Stunden aufweisen. Die Eltern als Vorbild Der Nachwuchs war
also zunächst meist schlafend beim Fitnessprogramm der Eltern dabei und fand so
ohne Druck einen spielerischen Einstieg zum Leistungssport. Bewegung in der
Natur ist im Schwarzwald selbstverständlich. Früh wurden die Kinder bei der
Skizunft Breitnau für Schülerwettkämpfe im Skilanglauf angemeldet. Im Sommer
standen Joggen mit Papa und Mama und erste Wettkämpfe bei Bambiniläufen auf dem
Programm, wobei die zwei Jahre ältere und ehrgeizigere Steffi erste Siege
verbuchen konnte. Beim sommerlichen Crossbiathlon, der aus Laufen und Schießen
besteht, hatte der Bruder keine Chance gegen sie. Im Winter steigerte sich
Stefanie weiter und wurde sogar Deutsche Jugendvizemeisterin im Biathlon. Sie
unterlag damals keiner geringeren als der späteren Olympiasiegerin Magdalena
Neuner. Anders als Benedikt tat sie sich mit den winterlichen Verhältnissen,
verfrorenen Fingern und dem großen Aufwand aber schwer und wandte sich mehr dem
Laufen zu. Sie gewann zunächst die regionalen großen Läufe wie den
Schluchseelauf und Freiburg Marathon, etablierte sich daneben als Bergläuferin
und als WM 14.Platzierte in der Berglaufnationalmannschaft. 2019 erzielte sie beim
Berlin Marathon mit 2:35:33 Stunden ihre Bestzeit.
Benedikt ließ es dagegen etwas gemächlicher angehen. Mit sieben Jahren machte er seine ersten Wettkämpfe in der Loipe und dem Luftgewehr. Die Eltern scheuten dabei keine Mühen den Nachwuchs zu unterstützen. Bis zum Biathlonzentrum am Notschrei betrug der einfache Anfahrtsweg 40 Kilometer, was zweimal pro Woche auf dem Programm stand. Vor dem Wachstumsschub lief er in der Loipe eher hinterher. Mit 14 Jahren kam dann ein erster Erfolg, denn beim Titiseelauf über sechs Kilometer ließ er erstmals seinen berühmten Vater, der allerdings schon in der M50 startete, hinter sich. Dennoch setzte er weiter auf den Biathlonsport und etablierte sich endlich im nationalen Nachwuchskader. Bei vier
Junioren-Weltmeisterschaften gewann er viermal Staffel Gold und gewann eine Einzel-Silbermedaille.
2012 folgte sein erster Einsatz im Weltcup, wo er erste Erfahrungen und Punkte
in der absoluten Weltklasse sammeln konnte. Der Durchbruch gelang Benedikt in
der Saison 2015/2016 als er mit Erik Lesser, Arnd Peiffer und Simon Schempp WM Staffel
Silber gewann. In der folgenden Saison holte er sich gegen keinen geringeren
als den Norweger Johannes Thingnes Bø knapp den Weltmeistertitel im Sprint. „Natürlich
hat man, wenn man es als Kind schon im TV sieht, den Traum einmal Weltmeister
zu werden“ so die Einschätzung des Champions. 2018 folgte bei den Olympischen
Spielen in Pyeongchang Einzel-Bronze in der Verfolgung und Staffel-Bronze. Zwei weitere von bisher insgesamt 19
internationalen Medaillen und zwei Weltcup-Siegen. Laufen im Sommertraining Für Benedikt bleibt Laufen im Sommertraining
ein wichtiger Bestanteil: „Im Frühjahr sind wir meistens auf dem Rad. Berglauftraining
im Schwarzwald ist eine meiner liebsten Trainingseinheit im Sommer. Die
Laufphase ist bei uns am intensivsten ab August bis November. Wir machen
regelmäßig, alle 1-2 Wochen Bahntraining wie 12x400m submaximal. Daneben
nachmittags Laufeinheiten 1-2 Stunden im 5:00 min/km Schnitt zur Kompensation
vom Vormittagstraining, das meistens auf Skirollern stattfindet. Ab und zu mache
ich auch einen langen Lauf mit meiner Schwester Stefanie.“ Benedikts Stärke beim Biathlon ist die Ausdauer, der Skilanglauf. Sein unkonventioneller Laufstil, Kopfhaltung und Armarbeit brachten ihm den Beinamen „Keuler“ ein. Kein Wunder, denn Vater Charly glänzte früher weniger durch seine Laufästhetik, als durch seine clevere Renneinteilung und seinen ungeheuren Kampfgeist. Wenn Benni in Form ist, gehört er zu den Besten beim Skilanglauf, was ihm auch den Spitznamen „Rennsemmel“ einbrachte. Schießen ist bei dem Wirtschaftsingenieur für Marketing und Vertrieb und Absolventen der Fachhochschule Furtwangen eher eine Zitterpartie. Trifft er dagegen alles, dann riecht es nach Edelmetall. Edelmetall - das
man beim Biathlon auch versilbern kann. Als eine der telegensten
Wintersportarten ist Biathlon im Fernsehen häufig präsent. Die Wettkämpfe sind
voller Spannung, beim letzten Schießen werden die Würfel häufig komplett neu
gemischt, was zu hohen Einschaltquoten führt. Die Protagonisten erreichen einen
Bekanntschaftsgrad, von dem viele Leichtathleten nur träumen können.
Entsprechend kann man dank Antrittsgeldern, Prämien und Sponsoren bei
entsprechendem Erfolg auch Rücklagen bilden. Benni hinterlässt zudem bei den
Interviews einen sympathischen und smarten Eindruck ohne dabei unkritisch zu
sein. Auch vor Selbstkritik schreckt der 30-Jährige dabei nicht zurück.
Vater Charly, der
immerhin neben neun nationalen Titeln auch bei den Weltmeisterschaften im
Berglauf Bronze gewinnen konnte, gönnt seinem Sohn auch den pekuniären Erfolg:
„Ich habe manchmal einfach Pech gehabt. So gewann ich das weltgrößte
Ultrarennen den Comrades Marathon im letzten Jahr bevor erstmals Preisgelder
ausgelobt wurden. Manchmal gab es ein Arrangement, z.B. dass ich die Familie
zum Kurzurlaub nach Davos mitnehmen konnte.
Aber ich musste als Küchenmeister weiterarbeiten, um meinen Lebensunterhalt zu
verdienen.“ Neben Sterneküche bei Paul Bocuse gehört zu den größten beruflichen
Erfolgen Charlys die Berufung zum Olympiakoch 2002 für die Skispringer um Sven
Hannawald. Doll‘s Küche Auch bei der Ernährung
hat sich Benedikt vom Vater inspirieren lassen und avancierte zum Hobbykoch.
„Als Zweijähriger saß Benni schon neben dem Herd, beobachtete aufmerksam, was
in den Topf kam und freute sich, wenn er bereits den Kochlöffel rühren durfte.“
Auch die Idee mit seinem Vater ein Kochbuch „Doll’s Schwarzwaldlust – das
sportliche Genießerkochbuch“ zu schreiben kam von Benni. Darin geht es um
ausgewogene und gesunde Fitnessküche, aber auch um Training und die Natur im
Schwarzwald. Wer schmackhafte Proberezepte der beiden ausprobieren möchte, wird
auf www.dollskueche.de fündig (unten ein Rezept, dass Benni mit 10 Jahren beherrschte). Auch bei Trainingslagern gibt Doll Junior den
Nachwuchsathleten Ernährungstipps und schwingt selbst den Kochlöffel, während
die Mannschaftskameraden eher aufräumen und spülen. „Essen ist für die Leistungsfähigkeit einfach
unfassbar wichtig, darum möchte ich da keine Kompromisse eingehen.“ Aber einem Glas guten Rotwein ist Benedikt nicht unbedingt
abgeneigt. Hoffen wir, dass es angesichts seiner gelegentlichen Schwächen beim
Schießen als Gourmet-Zielwasser wirkt.
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