Der Schweinehund von Pittsburgh

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Schweinehund !
Ein harter Lebenslauf

Wer nicht das Letzte gibt, kann nicht Erster werden!

Kurzes Vorwort:

Diese autobiografische Geschichte soll Euch zeigen, dass selbstverständlich auch Spitzensportler "Angst vorm Versagen" haben können. Ich hatte nicht wenige Rennen, die ich als überragender Sieger beendete. Doch unterwegs plagten mich oft Zweifel. Stellt Euch z.B. vor, Ihr habt die Startnummer 1. Schön, aber die Kehrseite: Platz zwei ist schon verloren... Ehre und Bürde zugleich!

"It's all in your head!" "Alles Kopfsache!" mag einem einfallen. Klar, man muß jahrelang hart trainiert haben, um nach oben zu kommen. Das machen die anderen aber auch. Das letzte holt Ihr bei gleichem Trainingszustand aber immer nur aus dem Kopf. Da hilft kein Feder-Super-Laufschuh und kein (meist ohnehin überflüssiges) Nahrungsergänzungsmittel. Vielleicht gibt meine nachfolgende Story Euch Mut den "inneren Schweinehund" durch Abruf anderer "harter Lebenssituationen", die Ihr bereits erfolgreich gemeistert habt, zu überwinden. Übrigens an die Herren Marathonläufer: wenn Ihr glaubt Marathon sei hart, dann ruft Euch die Bilder ab, wie Eure Frauen (soweit vorhanden) sich abgequält haben, Eure Kinder zu gebären. Dagegen ist Marathon nach 30 Kilometern wirklich easy! Ich hoffe Ihr ward bei der Geburt Eurer Kinder dabei? Vielleicht fällt Euch auch was anderes Hartes ein. Also besiegt Euch selbst und Ihr seid Sieger!

Übrigens, die beiden Bilder gehören zu den schönsten meiner Karriere. Dieser Hitzemarathon war vielleicht mein härtester überhaupt, immerhin war ich schon 38 Jahre alt (na ja, fühle mich heute noch gut). Ich brauchte 3-4 Monate bis ich wieder einigermaßen gut trainieren konnte. Ich hatte bei dem Rennen muskulär viele Körner auf der Strecke gelassen. Im Herbst war ich wieder beisammen und gewann zum dritten Mal den Frankfurt Marathon und unterbot dabei die Olympianorm für Barcelona 1992. Viel Spaß (und Erfolg) beim Lesen.

Ein harter Lebenslauf

Copyright: Herbert Steffny
(Sie können gerne hierhin verlinken)

„Jetzt bist Du im Eimer..., k.o,... nichts geht mehr“, hämmert mir mein innerer Schweinehund bei Kilometer 38 ein. „Mach langsamer, es tut weh, Du hast Krämpfe, gleich stehst Du!“ Ich spüre den Atem des Neuseeländers bereits im Nacken. Mein schöner Vorsprung ist bergab in einer trostlosen und menschenleeren Industriegegend in Pittsburgh/USA auf nur noch sechs Meter zusammengeschrumpft. Noch vier Kilometer bis zum Ziel des Marathons! Oder... unendliche vier Kilometer.... Die Hitzeschlacht und die zermürbenden Anstiege haben mich fertig gemacht. „Platz zwei ist doch auch gut, und 13.000 Dollar ist noch 'ne Menge...“ rast es mir durch den Kopf. Ich will nur noch ankommen....

Es wird flacher, das Rennen steht auf des Messers Schneide. Klick, klick..., die Fotografen und TV-Leute in den Führungsfahrzeugen dürfen den entscheidenden Moment nicht verpassen. Er oder ich? Ich bin verloren, wie ein kleines Kind, ich möchte heulen...! Die schmerzenden Beine trommeln monoton auf den harten Asphalt. Die Sonne brennt unbarmherzig.

Da! Ich erkenne meine Frau mit meinem Sohn Leif auf dem Arm.... Ja, sie sind es! Die richtige Stelle, hier bei den tristen Fabrikmauern, wie verabredet, Kilometer 38...! „Go Daddy go! Du schaffst es!“ Ich fliege vorbei. Das Gesicht wird zur Maske, ich beginne innerlich höhnisch über mich zu lachen. „Du willst doch Weltklasse sein? Bist Du's oder nicht? Hast Dir die Startnummer 1 doch nicht mit rumjammern verdient!? Hast Du Medaillen im Schrank oder nicht? Tu was, verdammt noch mal!“ Ich trete mir und dem Schweinehund kräftig in den Arsch.

"Ich hab fertig !" und "Hier werden sie geholfen!" Die entscheidende Phase...

Herbert Steffny siegte 1991 in einer Hitzeschlacht beim Pittsburgh Marathon, USA knapp vor dem Neuseeländer Peter Renner in 2:16:21. „Du schaffst es!“ ruft Ehefrau Marianne bei Kilometer 38 mit Sohn Leif im Arm, der nicht weiß, daß es auch um 20.000 Dollar Siegprämie geht.

Plötzlich bin ich wieder 18 Jahre, und habe, weil ich durch's Abitur gerasselt bin, vor Wut gerade mein Schlagzeug zertrümmert. „Scheißdreck! Ich war halt zu faul damals. Wolltest doch Zoologe werden, oder?“ Ich habe mich im zweiten Anlauf dann halt angestrengt und bin's doch noch geworden. Oder noch so ein Ding: „Da warst Du mit 18 als Läufer hoch talentiert und eigentlich nur ein faules Schwein. Mit drei bis viermal Training pro Woche in der Jugend nationale Spitze, aber als Du in die Männerklasse kamst, hast Du dann gekniffen, Herby, wolltest nicht verlieren..., Talent alleine reicht eben nicht! Hast doch dann auch gelernt zu trainieren und hart für was zu arbeiten!“

Ich ging eine Ewigkeit eisern mit mir ins Gericht. Doch da..., ich sehe die Zielgrade! Noch 200 Meter! Ich drehe mich um, schaue über die linke Schulter, nix! Vielleicht rechts? Auch nix! Ich kann's kaum glauben, ich sehe ihn nicht mehr.... ich habe mich besiegt! Im Fernsehen und Presse werde ich hinterher als überlegener und strahlender Sieger gefeiert. Oh Mann, wenn die wüßten...!

Geschafft! - Herbert Steffny mit Siegerkranz und seinem Sohn Leif auf dem Arm
Ja... hinterher ist mit dem Söhnchen auf dem Arm gut lachen. Ich wurde Sieger, weil ich mich selbst besiegt habe.

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