| Frage von Tobias Z.:
 Hallo Herr Steffny,
 
 ich hab vor ca. 3 Jahren mit dem Laufen begonnen. Anfangs
        nur 10 Minuten, dann Schritt für Schritt gesteigert bis
        zu einer Stunde. Seit 2 Jahren laufe ich 2-3 mal die
        Woche je 60-75 Minuten. Ich bin bisher so gelaufen, dass
        ich immer genug Luft hatte und so dass ich es als
        angenehm empfinde. Also sehr locker, entspannt, nicht
        verbisssen aufs Laufen konzentriert; immer wieder
        schweife ich in Gedanken ab. Nach ca. 30 Minuten hab ich
        das Gefühl, dass sich Automatismus einstellt, man läuft
        und läuft und läuft und hat das Gefühl man könnte
        noch Stunden weiterlaufen (was natürlich nicht so ist
        :-). Nach dem Lauf (60-70 Minuten) fühle ich mich sehr
        gut, wie neu geboren, ausgeglichen.
 
 Mein Problem ist nun folgendes: Ich habe mir vor kurzem
        einen Pulsmesser gekauft und gemerkt, dass ich scheinbar
        viel zu schnell laufe. Zu schnell jedenfalls um
        abzunehmen - was ich dringend muss (Gewicht derzeit: 94kg
        bei 1,81m Größe, Alter 31). Mein durchschnittlicher
        Puls liegt immer um die 160 (an Tagen wo gut in Form
 bin, sogar bei 170) das heißt bei 85% vom Maximalpuls.
        Um viel Fett zu verbrennen hab ich gelernt, soll man bei
        65-75% laufen, d.h. für mich 123-142. Das hab ich
        probiert: Totale Katastrophe! Das ist einfach nicht mein
        Tempo, es fällt mir extrem schwer, macht mir absolut
        keinen Spaß, reiner Krampf.
 
 Was raten Sie mir? Soll ich besser weiterhin mit dem
        Tempo laufen, das ich als angenehm empfinde (auch wenn
        die Fettverbrennung etwas schlechter ist) oder muss ich
        (um abzunehmen) mir diese extrem langsame mir absolute
        unangenehme Lauftempo antun, solange bis ich mich
        vielleicht daran gewöhnt habe?
 
 Vielen Dank und viele Grüße
 Tobias
 
 Antwort
        von Herbert Steffny: Hallo Tobias
        Z.,
 schön, dass Sie laufen und das auch genießen gelernt
        haben. Ihr Gewicht (Ihr Body Mass Index ist 28.7) ist in der Tat zu hoch
        und das geht beim Laufen schon etwas auf die Knochen. Das
        wäre schon mal ein (orthopädischer) Grund langsamer zu
        laufen. Mit der Fettverbrennung ist das
        so ne Sache. Es wird auch immer wieder falsch verstanden
        oder auch wieder gegeben, daher an dieser Stelle
        ausführlicher:
 Im
        angegebenen Bereich um 65-75 Prozent der
        maximalen
        Herzfrequenz wird
        zwar prozentual mehr Fett verbrannt, aber pro Zeiteinheit
        weniger Kalorien. Wer schneller läuft,
        verbrennt in der Tat mehr Kalorien (pro Zeiteinheit),
        prozentual aber weniger bis gar kein Fett mehr (über ca.
        7mmol Laktat, also im deutlich roten Bereich), sondern
        vermehrt oder ausschließlich Kohlenhydrate, das sind
        aber auch Kalorien! Im Alltag, aber auch beim
        Marathontraining lernt der Körper allerdings nicht die
        fettverbrennenden Enzymsysteme aufzubauen. Höheres
        Tempo geht natürlich vermehrt auf die Kochen,
        denn die orthopädische Belastung steigt nicht etwa
        linear mit der Laufgeschwindigkeit, sondern exponentiell
        (also überproportional an). Daraus resultiert also: Wer
        übergewichtig ist sollte in der Tat überwiegend
        langsamer laufen, dafür aber länger. Dazu ist
        es wichtig zu wissen, dass man bei gleicher
        Streckenlänge ungefähr die gleiche Kalorienzahl
        verbraucht.  
            Richtwert:
                Pro zurückgelegtem (mit Laufen, Walking)
                Kilometer das eigene Körpergewicht in
                Kilokalorien. Bei Ihnen wäre also ein 10km Lauf
                mit 940 kcal zu veranschlagen. Laufen Sie die
                schnell, haben Sie es zwar schneller hinter sich,
                riskieren aber eher die Knochen und verbrauchen
                prozentual weniger Fett. Noch besser
        ist es selbstverständlich gemischt zu trainieren,
        also (wie in den Plänen meiner Bücher dargestellt) auch einmal in der
        Woche etwas flotter (z.B. bei 85 Prozent) als flotter
        Dauerlauf oder im bergigen Gelände als Belastungswechsel
        (Fahrtspiel). Im Flachland würde man das Tempo wechseln.
        Am Wochenende wäre ein langsamer, aber längerer Lauf
        einzuplanen. Damit erreicht man noch mehr, als immer das
        gleiche zu laufen. 
 Wenn Sie langsames Laufen als "totale
        Katastrophe" und "unangenehm"
        erleben, dann gibt es folgende Erklärungen:
 
            Ihre Trainingszonen
                liegen anders (offenbar haben Sie Ihre
                Werte nur nach der "Lebensalterformel"
                berechnet, das ist aber nur eine erste
                Einschätzung!), dann sollten Sie das noch mal
                individuell überprüfen (verschiedene Verfahren
                genau beschrieben in "Das
                große Laufbuch")meist
                aber muss man sich an langsames Laufen
                erst mal gewöhnen. Die meisten rasten
                regelrecht in ein bestimmtes Lauftempo ein, was
                sie dann als "ihr" Lauftempo empfinden
                und laufen dann alles im gleichen (meist zu
                schnellen) Trott. Nach unserer jahrzehntelangen
                (Laktat-) Messungen laufen 80 Prozent
                aller Läufer durchschnittlich zu schnell!  Besser wäre
        es also Ihre genauen Zonen zu ermitteln
        (Maximalpulstest, Laktattest usw.) und dann innerhalb der
        individuell erstellten Zonen abzuwechseln (siehe oben).
        Denken Sie daran: Ihr Auto hat auch eine
        Mehrgangschaltung, warum nicht Sie? Ich selbst konnte
        früher auch als Weltklasseathlet alle Geschwindigkeiten
        zwischen 2:30er bis 7:30er Schnitt/Kilometer laufen!
        Langsames Laufen ist natürlich gewöhnungsbedürftig,
        wenn Sie den Schritt nie geübt haben. Zum Abschluss
        noch eine wichtige Anmerkung: selbstverständlich darf
        bei allen "Fettverbrennungsfragen" eines nicht
        vergessen werden: Die Kalorien, die man nicht
        futtert, muss man auch nicht verbrennen!!! ;-)) Vielleicht hilft da auch
        unser Ernährungsbuch oder der zum Abnehmen ausführliche
        Bestseller "Die Laufdiät" weiter.
 Keep on fun-running and fat-burning
 
 Herbert Steffny
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